Abschiedsworte für Wilfried Voigt
bei der Trauerfeier am 27.Juli 2023 –
Auferstehungskirche Köln-Ostheim
Von Dr. Karl Heinz Bierlein
Liebe Trauergemeinde,
schnell, zu schnell ist er von uns gegangen. Vor knapp vier Wochen am Telefon die Worte: „Ich habe eine schlechte Nachricht. Mir bleibt nur noch wenig Zeit!“
Wilfried Voigt, Familienvater, Freund, Wegbegleiter über Jahrzehnte ist von uns gegangen. Viele Bilder tauchen auf: seine dynamische Persönlichkeit, seine einladenden Gesten, sein unerbittliches Nachfragen, die klare Ansagen, seine Visionen, sein mutmachendes, tröstendes Wort.
„Nach vorne schauen!“ – Das klingt mir in den Ohren. Diese Aufforderung war sein Leitwort, seine Lebensauffassung. Sich nicht durch das Vergangene fesseln lassen. Aufbrechen, dem Widerständigen trotzend. Gerade in Krisen nicht im Selbstmitleid versinken, sondern Kräfte durch das Neue, das es zu schaffen gilt, zu mobilisieren.
Wir nehmen Abschied von einem Organisationstalent, einem Macher im besten Sinne des Wortes von Erich Kästner: „Es gibt nicht Gutes! Außer man tut es!“
Da ist der Katastrophenhilfe-Organisator bei den Johannitern. Einen ganzen Abend habe ich letztes Jahr mit Spannung seinen Erzählungen gelauscht.
Dann der Gründer und Motor der Johannes-Seniorendienste. Aus dem Nichts heraus hat er von 1989 bis 2008 insgesamt 43 Einrichtungen und Dienste für ältere Menschen, Pflegeheime, Altenpflegeschule, Hauswirtschaftsdienste, eine Reha-Klinik, Betreutes Wohnen, Ambulante Dienste, Quartiersarbeit usw. – Der Aufbau dieses großen Sozialunternehmens war nur möglich mit unternehmerischem Mut, Kontaktfreudigkeit, Durchhaltevermögen, Härte und auch Streitlust, wenn es um die gute Sache ging.
Ein besonderes Merkmal: Immer erreichbar, schnelle Entscheidungen, Überzeugungskraft, Durchsetzungsfreude, manchmal auch eine Ungeduld, wenn Bedenkenträger das Wort führten…
Sein Wirken ging weit über die Johannes Seniorendienste JSD hinaus, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Evangelischen Kirchentags, sein Einsatz für die Grünen Damen und Herren, Aufsichtsratsvorsitzender des Evangelischen Krankenhaus Kalk, um einige Beispiele zu nennen.
Auf Bundesebene hat er sich als Vorstand des Deutschen Evangelischen Verbands für Altenarbeit und Pflege (DEVAP) einen Namen gemacht, als Lobbyist für die Schwachen. Diakonische Unternehmen hat er zu gemeinsamen Aktionen zusammengeführt und neu ausgerichtet.
2003 gründete er mit Wilhelm-von Lauff und Freunden die Deutsche Stiftung für Demenzerkrankte, deren Stiftungsratsvorsitzender er bis zuletzt war. Er gewann Henning Scherf, den ehemaligen Bürgermeister von Bremen als Schirmherr. Insgesamt haben wir in den letzten 10 Jahren über 200 Projekte für und mit demenzerkrankten Menschen gefördert. Wilfried Voigt war dabei häufig Ideengeber und fachkundiger Berater, Vermittler, Kontaktknüpfer.
Heute nehmen wir aber auch zu allererst und zu allerletzt Abschied von einem treuen Freund, an dessen Seite man tiefe Täler durchschreiten konnte und ebenso sich über gemeinsame Erfolge freuen und ausgelassen feiern konnte. Die offene Tür der Voigts, die Gastfreundschaft, das Füreinander-Einstehen – allen Anfeindungen zum Trotz.
„Nach vorne schauen!“ Das haben wir von ihm gelernt. Und das begleitet uns auch weiter, als Freunde, als Familie, als Kollegen.
Diese Haltung dürfen wir aber nicht mit einem schlichten Optimismus, oder gar Zweckoptimismus verwechseln. Wer im Glauben nach vorn schaut, weiß sich getragen und gestärkt von dem, der uns immer schon voraus ist, gleichzeitig hinter uns steht und uns doch entgegenkommt: Jesus Christus. „Nach vorne schauen!“ Das heißt aufsehen zu dem Anfänger und Vollender unseres Glaubens.
Wilfried Voigt war kein Mann großer Worte, schon gar nicht Freund einer religiös verbrämten Sprache. Kurz und knapp, das Wesentliche auf den Punkt gebracht: So gehörte zu jeder Sitzung bei den Vorständen und Aufsichtsgremien an den Anfang die Herrnhuter Losung aus der Bibel. Und manchmal schmunzelte er: „Die Losung passt gerade für heute.“
Die Losung des Tages, an dem er die Augen schloss, um sie zu öffnen für das ewige Leben der kommenden Herrlichkeit, lautete: „Nach Dir, Herr, verlanget mich. Mein Gott, ich hoffe auf Dich; lass mich nicht zuschanden werden (Ps. 25,1-2)“
So nehmen wir mit großem Dank Abschied von Wilfried Voigt. Lasst uns das beherzigen, was er uns vorgelebt hat:
„Nach vorne schauen“!